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Jonny Lang
Signs
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Wenn ein Gitarrist mit 36 Jahren bereits auf eine über 20jährige Karriere zurückschauen kann, mit 15 sein Debütalbum veröffentlichte und Platin dafür einheimste, in der Liste der Grammygewinner zu finden ist... dann ist klar, dass er die musikalischen Talente mit der ganz großen Schippe abbekommen hat. Dieser Jemand ist der Amerikaner Jonny Lang und er hat sich dem Blues verschrieben. Sein neues Album trägt den Titel Signs und erschien am 01.09.2017 via Provogue / Mascot Label Group. Die elf Tracks wurden von Jonny Lang zusammen mit Drew Ramsy und Shannon Sanders produziert und es gibt sie wahlweise auf CD oder LP.
Vier Jahre sind seit dem Release des Vorgängers Fight For My Soul vergangen und nun landete der Nachschub im Player. Jonny Lang liefert nicht das, was man im klassischen, ursprünglichen Sinn unter Blues versteht, sondern eine eigene modernere Mixtur aus Blues, Rock, Soul, Funk, R&B. Dadurch sind die Tracks natürlich abwechslungsreich, vielseitig und unvorhersehbar – alles Eigenschaften, die ich bei Musik sehr schätze. Ebenso steh ich auf Texte, die was hergeben und auch in der Hinsicht wird mir einiges geboten. Bei vielen Songs gehen sie in die Tiefe und man erfährt zudem ein kleines bisschen mehr über Jonny Langs Erfahrungen samt seiner Sicht über manche Dinge. Somit kann das kreative Songwriting punkten, die leidenschaftliche Saitenbearbeitung ist hervorragend, Signs müsste eigentlich ein Volltreffer für mich sein... Ist es aber nicht ganz, ich bin hin- und hergerissen, da es gewisse Parts gibt, mit denen ich nicht klar komme.
Das Album beginnt mit einem Hämmerchen. Der Opener Make It Move ist eine stampfende, mehrheitlich akustische Rhythmus-Wuchtbrumme in gemäßigtem Tempo, mit interessantem Text, kurzen „Special Effects“ beim Gesang, kernigem Backgroundchor im locker in den Gehörgang rutschenden Refrain. Augen zu und die Band spielt einen Gig in einem Pub. Der Sound der Scheibe gefällt mir generell sehr gut, hat so was urig Echtes und wirkt nie überladen.
Snakes ist flotteren Fußes unterwegs, die Strophen mag ich, der kurze wortarme Refrain samt den Shouts ist nicht so meins. Last Man Standing kredenzt uns eine Schippe Rock im feinen Härtegrad, bohrt sich sofort in die Gehörgänge. Treibende Drums, schicker Tempowechsel, im langsameren Zwischenstück punktet das Miteinander von Bass und Gitarre.
Signs bluest gewaltig, cooler Groove, genialer Gitarreneinsatz, vor allem das Solo und das Duett der Gitarre mit der Stimme im Refrain. Das funkige What You’re Made Of geht mit seinem schmissigen Rhythmus direkt ins Gebein. Der Bass punktet hoch und gesanglich schraubt sich Jonny Lang auch hier mal eine Runde in die oberen Regionen der Tonleiter. Klingt etwas schräg - ich steh auf seine normale Stimmlage mit dem rauen kratzigen Touch, das hat was.
Bei Bitter End ist der etwas längere rein instrumentale Einstieg interessant gestaltet, legt ein gutes Tempo aufs Parkett, der Rhythmus reißt mit. Faszinierend, was der Bass so alles von sich gibt und das Gitarrensolo ist eh nicht von schlechten Eltern. Stronger Together ist für mich mit seiner positiven Energie, dem Text und dem lässig-heiteren leichten Sonnenschein, Strand & Reggae Touch die radiotauglichste Nummer, zu der auch ein Videoclip gedreht wurde. Ich würde sie sehr mögen... wenn das nervige Chorgeträllere nicht wäre... Funky geht’s weiter mit Into The Light, groovt extrem, scharfer Rhythmus, die Strophen sind Hammer, Jonny Lang rockt sie gesanglich hervorragend. Im Refrain sind wieder die BackgroundsängerInnen munter am Rumflöten, was mir leider den Spaß an der großartigen Nummer etwas versaut.
Ballade ist kein Fremdwort für Jonny Lang. Alle langsameren Nummern hat man in der Tracklist nach hinten verfrachtet. Das ruhige Bring Me Back Home ist eher klassisch angelegt, leidenschaftlicher Gesang, sanft umhüllt von den Instrumenten, textlich ansprechend, berührend und nachdenklich. Mit Wisdom folgt ein besonderer Klopper, im wahrsten Sinne des Worte. Gitarre, Gesang und Percussion zaubern eine spezielle Atmosphäre, pur, erdig, intensiv, heiße Saitenbearbeitung, tiefgründige Lyrics – das geht unter die Haut!
Vom letzten und längsten Track Singing Songs mag ich die erste Minute und das Zwischenstück mit Klavier und Akustikgitarre, aber mit dem Rest werde nicht warm. Liegt an der Kombi Chor, Geige, Trömmelchen, Orchester, Dramatik, Gesangsstil plus einer Überdosis der Worte “Singing Songs”. Wie oft man doch zwei Worte in knapp sechs Minuten wiederholen kann... geht gar nicht! Was mich darüber hinaus bei mehreren Nummern stört, dürfte aus dem bisherigen Text deutlich erkennbar sein: der eingesetzte Chorgesang gefällt mir größtenteils nicht, mal klingt er zu zuckersüß, mal zu schräg oder an der Stelle unpassend. Schade, dass man einzelne Tonspuren nicht einfach abschalten kann...
Neben dem oben erwähnten Videoclip könnt ihr euch im YouTube-Account der Mascot Label Group einige Tracks der CD als Audio-Clips anhören. Wenn ihr auf Live-Musik steht: im Rahmen seiner Welttournee wird Jonny Lang im Oktober auch in Deutschland vorbeischauen Checkt seine Tourdaten, vielleicht spielt er in eurer Nähe – ich hab das Glück leider nicht.
Anspieltipps: Make It Move - Signs - Wisdom
Signs ist ein Album mit vielen brillanten Momenten, aber für meinen Geschmack hat's halt auch Schwachstellen. Dafür gibt es von mir>
Bewertung:
5 von 7 Ankhs
Marion Ney / Sarkophag Rocks 30.08.2017
Foto: ©2017 by Daniella Hovsepian
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